10.03.2018: Frühjahrstagung LV Hessen

Landesfrühjahrstagung 2018 Hessen

Gerne nutzen die Mitglieder des Landesverbandes Hessen die Darstellung der vielfältigen Egerländer Kultur auf der Landesfrühjahrstagung. Landeskulturwartin Gerlinde Kegel war es auch diesmal gelungen, ein abwechslungsreiches Programm zusammen zu stellen. Karlsbad und Frühjahrsbräuche bildeten die Schwerpunkte in 2018.

Karlsbad
Die Geschichte von Karlsbad stellte Manfred Hüber, Stv. Landesobmann der SL-Landesgruppe Hessen, in einem umfangreichen Vortrag dar. 1349 gilt als wahrscheinliches Gründungsdatum des Ortes. In diesem Jahr „entdeckte“ Kaiser Karl IV. den Nutzen der Quellen und veranlasste die Ansiedlung an den Quellen. Die neue Siedlung wurde „Kaiser-Karls-Bad genannt“ und erhielt bereits 1370 Elbogner Stadtrechte. 1470 erhielt die Stadt eine eigene Kirche. Die erste ärztliche Dokumentation über die Heilquellen verfasste Dr. Wenzel Payer in 1521, womit der Zustrom an Badegästen stieg. Zu den Katastrophen für die Stadt zählten eine Überschwemmung (1582) und eine Feuersbrunst (1604) und natürlich der 30-jährige Krieg. Josef I. erhebt in 1707 die Stadt zur königlichen Freistadt. 1711 und 1712 besuchte Zar Peter der Grosse Karlsbad. Damit wurde der Adel Osteuropas auf die Stadt aufmerksam. Ein erneuter Brand in 1759 äscherte 224 Häuser ein. Nach dem von Kaiserin Maria Theresia unterstützten Aufbau stellte Dr. David Becher fest, dass die Stadt schöner und prächtiger war als zuvor. Die erste Fußgängerzone der Welt wurde damals eröffnet. Viele bekannte Namen zieren die Liste der Kurgäste. So war Goethe 13-mal Kurgast, Friedrich Schiller, Adalbert Stifter, Theodor Fontane, Josef von Eichendorff stehen für weitere Schriftsteller als Kurgäste. Komponisten mit Kuraufenthalt sind unter anderem Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Frederic Chopin, Richard Wagner und Edvard Krieg gewesen.
Dukatenjahre nannte man die Zeit nach den Napoleonischen Kriegen, in denen Karlsbad den größten Aufschwung nahm. 1819, das Jahr der „Karlsbader Beschlüsse“ darf als Wendepunkt angesehen werden. Der europäische Ministerkongress unter der Leitung von Fürst Metternich, war wesentlich für den Wandel zum Weltbad. Auch vor dem Ersten Weltkrieg sowie nach Gründung des tschechischen Staates wurde in Karlsbad Politik gemacht.
Die Heilquellen, Badekuren, Badeanstalten und Kirchen stellte Hüber in ihrer historischen Entwicklung dar. Für das Hotel Pupp stellte er als Basis die Übernahme des Lusthauses „Böhmischer Saal“ heraus. Ohne den Zuckerbäcker Johann Georg Pupp und dessen Heirat mit der Tochter seines Meisters Mitterbacher wäre das Hotel Imperium „Pupp“ mit etwa 500 Betten im Gesamtkomplex sicher nicht entstanden. Während im „Pupp“ sich hauptsächlich der Adel traf, diente ab 1912 das noch größere „Imperial“ mit 600 Betten als Treffpunkt der Finanzmagnaten. Es wurde von Lord Westbury und dem Bankier Schwalb gegründet. Zwei Drahtseilbahnen verbanden den Ort und das in schlossartiger Bauweise gebaute Hotel auf dem Helenenberg. Zahlreiche weitere Hotels und Privatunterkünfte standen für Kurgäste bereit. Mit vielen historischen Aufnahmen, verbunden mit persönlichen Erinnerungen, zeigte der Referent zum Abschluss seines Vortrages die Schönheiten Karlsbads.

Bräuche und Redensarten
Bräuche und Redensarten von Maria Lichtmess bis zum Josefitag (Josefstag) waren das Thema von Hilda Hain, Kulturwartin der Egerländer Gmoi Dillenburg. Als wohl wichtigstes Ereignis im Frühjahr bezeichnete sie den Grenzgang. Er diente als Basis für die Kontrolle der Richtigkeit des Grenzverlaufs. Schließlich markierten früher auch Besonderheiten in der Natur, wie Bachläufe oder Bäume, den Flurverlauf. Oft war man auch auf das Gedächtnis der Älteren angewiesen. Häufig war beim Grenzgang auch ein Priester dabei, um den Segen für das neue Erntejahr und den Schutz vor Unwettern zu erbitten.
Fasching wurde im Egerland nur an drei Tagen gefeiert, dann aber meist mit einem Ball an jedem Abend. Zu Maria Lichtmess konnten Dienstboten ihre Stellung wechseln, erklärte Hilda Hain in ihrem Vortrag. Am Josefstag (19.März) wurde dann die neue Stellung angetreten.
Der heilige Josef ist der Namensgeber für viele Vornamen. Die Häufigkeit stieg durch die Namen der (österreichischen) Kaiser (Joseph I, Joseph II, Franz Joseph I.). Dabei sind auch viele Abkürzungen und Abwandlungen für „Josef“ gebräuchlich. Männliche Vornamen wurden so zu Sepp, Jupp, Seff, Sefferl usw. Bei den Mädchen wählte man beispielsweise Josefine, Fine, Fini, Seffa oder Finerl. Den Vornamen kam früher eine größere Bedeutung als heute zu, denn der Namenstag wurde im Egerland eher als der Geburtstag gefeiert. Mehrere Personen mit gleichem Vornamen unterschied man durch Namenszusätze. Gebräuchlich waren Ergänzungen durch den Hausnamen (z.B. der Wallner Seff) oder durch Berufszusätze (z.B. der Fleischer Peppi).
Wenn die Josefsstürme vorbei waren sollte der Frühling kommen. Deswegen wurde zum Josefitag am 19. März das Spinnrad aus der Spinnstube auf den Speicher geräumt und das Federnschleißen eingestellt. Die Zimmerleute, deren Schutzpatron Josef war, feierten am 19. März ihre Jahresmesse, zu der auch die Josefs-Glocke geläutet wurde. Zu den verwendeten Redensarten zählen „oan Josefi-Toogh kinnt die Wärm va unten“, was das Ende des Bodenfrosts beinhaltet und „Josefi sagt da Schnäi: ‚Ich gäih!“.

Familiengedächtnis
In einem weiteren Programmpunkt stellte Manfred Hüber die Erforschung des Familiengedächtnisses der Sudetendeutschen durch die tschechische Ethnologin Sandra Kreisslová vor. Dabei stehen drei Generationen und die Weitergabe der Informationen zu den Heimatthemen in der Betrachtung. Der ausführliche Bericht von Martin H. Heller in der Wetzlarer Neuen Zeitung zu diesem Thema ist im Egerländer, Folge 12/2017, S. 5f. wiedergegeben. In diesem Zusammenhang stellte Hans-Jürgen Ramisch von der Dillenburger Gmoi auch die Lösung einer Verwandtschaftssuche aus Einsiedl (Mnichov) vor. Bekannt war nur die Nummer des Waggons, den die vertriebenen Verwandten 1946, aufsuchen mussten. Mithilfe der gut geführten Ortskartei von Einsiedl konnte hier schnell geholfen werden.

Über die geplante Studienfahrt der Egerland-Jugend vom 9. – 13. Mai dieses Jahres informierte der stellvertretende Landesjugendführer Matthias Meinl. Ziel ist diesmal das nördliche Egerland mit St. Joachimsthal als Ausgangspunkt. Die Hinfahrt erfolgt über Elbogen (Hans-Heiling-Felsen). Vor Ort sind Ausflüge auf den Keilberg, nach Schlackenwerth sowie nach Annaberg-Buchholz geplant. Auf der Rückfahrt geht es über Graslitz. Dort wird das Museum zur Instrumentenherstellung besucht.

500 Ausgaben des Offenbacher Gmoibladls sind bis heute erschienen. 42 Jahre Information über alle Gmoi-Ereignisse, auch für diejenigen Mitglieder, die alters- oder gesundheitsbedingt die Veranstaltungen nicht mehr besuchen können. Zugleich ist damit eine Dokumentation der Gmoi Geschichte entstanden. Verantwortlich zeichnen Ursula Wirth, Michaela Roth und Werner Wirth, wobei die Leitung seit 42 Jahren in den Händen von Ursula Wirth liegt. Sie werden von einem Team unterstützt. Im Namen des Landesvorstands gratulierte Pressewart Hans-Jürgen Ramisch den Verantwortlichen und der Gmoi.

Viele Mitwirkende sorgten für ein abwechslungsreiches Programm an Gedichten, Geschichten und lustigen Begebenheiten. Die Beiträge folgten nahezu ohne Unterbrechung. Alle im Saal freuten sich über die Vorträge in Egerländer Mundart. Traditionell bildete das Lied „Kein schöner Land“ den Schlusspunkt.

Bericht und Fotos: Hans-Jürgen Ramisch

Bilder
Hilda Hain
Manfred Hüber
Publikum mit Edi Fenkl beim Gedichtvortrag